Verallgemeinerte Quantentheorie

Die verallgemeinerte Quantentheorie (auch schwache Quantenthorie, generalisierte Quantentheorie oder generalisierte Verschränkung) wurde von Harald Ametspacher, Hartmann Römer und Harald Walch entwickelt und 2002 veröffentlicht. Es handelt sich um einen an die physikalische Quantentheorie angelehnten Formalismus, der es erlaubt, grundsätzliche Aussagen auch auf andere Gebiete wie die Physik der kleinsten Teilchen zu übertragen und zu verallgemeinern. Die eigentliche Quantentheorie wird dadurch zu einem Spezialfall der generalisierten Quantentheorie.

Die Grundaussage dieser Theorie ist folgende:

Wann immer ein System von seiner Umgebung abgegrenzt betrachtet und als Gesamtsystem beschrieben werden kann, treten in Teilen des Systems nichtlokale (das heißt, nicht durch herkömmliche Signalwege verknüpfte) Verbindungen und Verhaltensübereinstimmungen auf, ähnlich der Verschränkung von Quanten in der klassischen Quantentheorie. Verschränkung wird als allgemeines systemisches Verhalten von Teilen, deren Beschreibung als Teile zu der Beschreibung des Gesamtsystems komplementär sind, gedeutet.

Zwei komplementäre Größen, die nicht ineinander überführt werden können, sind in der Quantenphysik z. B. Ort und Impuls eines Teilchens: Der Ort wird relativ zu dem Gesamtsystem beschrieben, ist somit eine sogenannte globale Variable, der Impuls ist eine Eigenschaft des Teilchens, also eine lokale Variable. Diese beiden Größen stehen in der klassischen Quantenphysik über die Heisenberg’sche Unschärferelation miteinander in einer komplementären Beziehung, die besagt, dass mit einer Messung entweder die eine oder die andere Größe mit Genauigkeit bestimmt werden kann, die Messung der anderen Größe aber um so ungenauer wird, je genauer die Messung der einen Größe ist. Beide Größen sind aber erforderlich, um den Zustand des Teilchens vollständig beschreiben zu können. Trotzdem können diese Größen nicht ineinander überführt werden, sie sind nicht kommutierend. Außerdem erhält man bei nicht kommutierenden Variablen je nach der Reihenfolge der Messungen unterschiedliche Ergebnisse, da die Messung selbst das Gesamtsystem beeinflusst. Die Quantheorie ist ein Modell für eine Theorie, die komplementäre Größen handhaben kann.

In der auf diesen Seiten vorgestellten integralen Theorie haben wir bereits Paare von komplementäre Größen kennengelernt:
Äußerlichkeit und Innerlichkeit (die beiden linken Quadranten für die Innerlichkeit, die beiden rechten Quadranten für die Äußerlichkeit)
Mehrzahl und Einzahl (die beiden oberen Quadranten für die Einzahl, die beiden unteren Quadranten für die Mehrzahl)

Die unteren Quadranten können wir als eine Perspektive (oder „Messung“) eines Gesamtsystems, also eine globale Variable verstehen, die beiden oberen Quadranten als einer Perspektive (oder „Messung“) eines individuelles Teils, also eine lokale Variable.

In diesem Fall ist klar, was die globale Beschreibung und was die lokale Beschreibung des Systems ist, die zueinander komplementär sind. In der Beziehung zwischen der Beschreibung der Innenwahrnehmung und der Beschreibung der Außenwahrnehmung, die ebenfalls zwei komplementäre Beschreibungen darstellen, die nicht ineinander überführt werden können, also nicht kommutieren, muss aus meiner Sicht im Einzelfall geklärt werden, welche davon die globale und welche die lokale Variable ist.

Die generalisierte Quantentheorie besagt nun – ganz in Analogie zu dem hier vorgestellten holarchischen Modell – dass in der Beschreibung von lokalen Variablen verschränktes Verhalten beobachtet werden kann, wenn wir lokale Variablen zu komplementären globalen Variablen in Beziehung setzen.

Der grobstoffliche Körper-Geist

Abb. 1: Grafische Repräsentation verallgemeinerter Verschränkung: Elemente die durch lokaleVariable beschrieben werden (Rechtecke), die zur globalen Beschreibung (Oval) komplementär sind, sind verschränkt (Bindebogen) (Walach 2007)

Nach den Autoren der generalisierten Quantentheorie würde somit verschränktes Verhalten von Teilen nicht die Ausnahme, sondern die Regel in Systemen auf jeder Ebene darstellen, und Erklärungsmöglichkeiten für nichtlokale Phänomene bieten, die unter anderem im therapeutischen und medizinischen Kontext beobachtet werden können:

Nicht zuletzt könnten aber auch in der Koordination von Teilsystemen in ein Gesamtsystem auf jeder Ebene in biologischen, zwischenmenschlichen, politischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Prozessen und Systemen solche Phänomene generalisierter Verschränkung neben klassischen Signalwegen eine eminente Rolle spielen.

Links zu Originalartikeln:

Weitere Artikel zu diesem Thema finden Sie über die Referenzen in den angeführten Artikeln und über die Homepage von Harald Walach

Ich möchte aber nicht verhehlen, dass es sich bei der verallgemeinerten Quantentheorie trotz ihrer Plausibilität und Nachvollziehbarkeit in vielen Punkten (noch) nicht um eine allgemein akzeptierte und bewiesene wissenschaftliche Theorie handelt, sondern zum jetzigen Zeitpunkt mehr um eine Denkrichtung, die auf ihre Bestätigung oder Widerlegung in der Zukunft noch wartet. Ich möchte deshalb auch eine kritische Stimme zu Wort kommen lassen und sie auf folgenden Artikel hinweisen: Die "schwache Quantentheorie" und die Homöopathie (Skeptiker 2/2010)

Elemente eines integralen Weltbildes:

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